Widerspruch gegenüber eine Unverbesserliche

Ein Tagebucheintrag einer 9. Klasse des Gymnasiums Burgstädt
(Workshop am 21. November 2023)


Hinweis: Die folgenden Tagebucheinträge und Szenen basieren auf einem fiktiven Szenario. Die Schüler*innen hatten die Aufgabe, einen erfolgreichen Umgang mit einem möglichen antisemitischen Vorfall zu zeigen.


Liebes Tagebuch,

heute war ich wieder mit einen antisemitischen Vorfall konfrontiert. Im ersten Moment war ich traurig und wütend, dass ich andauernd solche Bemerkungen zu hören bekomme, nur weil ich öffentlich einen Davidstern trage. Dennoch war ich stolz auf mich, weil ich die Situation gut lösen konnte, indem ich die Anfeindungen gegen mich nicht auf mir sitzen lassen und gut gekontert habe.

Ich bin auch den zwei Mädchen dankbar, die versucht haben, mir zu helfen. Dank ihrem Widerspruch habe ich selbstbewusster reagieren können und schnell in meiner Verwirrung realisiert, dass solche antisemitisch eingestellte Menschen zum Glück nicht die Mehrheit meiner Mitmenschen bilden. Und ich habe mir fest vorgenommen, dass ich künftig auch so mutig sein werde und dazwischen gehe, wenn jemand unfair in aller Öffentlichkeit behandelt wird.


Wie sich die Szene abgespielt hat…

 Handelnde Personen:  

  • Gisela – Oma  
  • Anna – Jüdin  
  • Jenny – Schülerin 1  
  • Frida – Schülerin 2  

Die Straßenbahn hält an. Die Sitze sind etwa zur Hälfte belegt. Anna steigt ein, nicht ahnend, welcher Situation sie gleich ausgesetzt sein wird. Höflich spricht sie eine ältere Dame an, die eine Tasche neben sich gestellt hat. Diese sieht ihren Davidstern.

Anna: Hallo, kann ich mich hier hinsetzen?

Gisela: Nein, Sie schrecklicher Jude – bleiben Sie mir vom Hals.

Anna (schockiert): Was ist denn mit Ihnen los?

Gisela (wütend): Wegen Ihnen habe ich keine Rente.

Zwei Schülerinnen, die der Oma gegenübersitzen, haben die Situation beobachtet. Zunächst sind sie sprachlos. Doch nach einem kurzen Moment wenden sie sich an Anna.

Frida: Wollen wir vielleicht Plätze tauschen?

Gisela (mürrisch): Sind Sie Jüdin?

Frida: Nein. Das sollte nichts zur Sache tun!

Gisela: Na dann.

Jenny (an Anna): Ist es okay für dich, wenn wir die Situation zusammen klären?

Anna: Ja.

Jenny (etwas lauter): Nun hören Sie mal (zu der alten Frau gewandt). Wir sind doch alle Menschen!

Gisela: Juden sind doch alle gleich. Sie unterwerfen uns, stehlen unser Geld und sorgen dafür, dass wir ihnen gehorchen müssen.

Frida: Das geht nicht! Wir sind alle Menschen und verdienen Respekt – egal welche Religion wir haben.

Gisela: Aber sie gehören nicht hier her. Die sollen dahin zurück, wo sie hergekommen sind.

Jenny: Das ist antisemitisch, was Sie hier von sich geben! Das ist Ihnen hoffentlich klar.

Anna: Wie können Sie es wagen! Ich arbeite als Sekretärin. Ich nehme Ihnen gar kein Geld weg!

Gisela: Na gut, dann bleiben Sie halt hier sitzen.

Anna: Ich muss aussteigen.

Sie nimmt ihren Rucksack, lächelt den beiden Mädchen zu und wirft Gisela einen letzten entsetzten Blick zu. Dann strafft sie ihre Schultern und steigt mit langen Schritten aus der Bahn.

Redaktion: LK.