Antisemitismus auf einer Demo

Ein Tagebucheintrag einer 9. Klasse der Freien Schule Schwepnitz (Workshop am 10. Januar 2024)


Hinweis: Die folgende Szene und der reflektierende Tagebucheintrag basieren auf einem fiktiven Szenario. Die Schüler*innen hatten die Aufgabe, einen erfolgreichen Umgang mit einem antisemitischen Vorfall zu zeigen.


Liebes Tagebuch,

heute waren ich und meine Freundin auf dem Weg zurück nach Hause von der Synagoge und traf dort auf eine Gruppe von Demonstranten. Diese hielten Plakate in den Händen, auf denen der Davidstern und das Wort „ungeimpft“ abgebildet waren.

Meine Freundin und ich haben uns durch die Rufe und Plakate angegriffen gefühlt, wir haben die Demonstranten angesprochen und ihnen erklärt, wie verletzend solche Vergleiche sind.

Trotzdem bleiben solche negativen Ereignisse immer lange im Kopf und beeinflussen den Menschen.


Wie sich die Szene abgespielt hat…

 Handelnde Personen:  

  • Person 1, 2, 3 – Demonstrierende  
  • Person 4, 5 – Kommen dazu und beginnen ein Gespräch  

Eine Demonstration gegen Corona-Maßnahmen. Es gibt Plakate mit Davidsternen und dem Wort „Ungeimpft“. Auch andere direkte Vergleiche zwischen Hitler-Deutschland und der heutigen Situation werden gezogen.

Person 1: Warum wurden wir aus dem Kino raugeschmissen? Weil wir ungeimpft sind!

Person 2: Es ist wie damals in der Nazi-Zeit.

Person 1: Ja! Wir werden ausgegrenzt, nur weil wir ungeimpft sind. Das ist wie damals mit den Juden, die wurden auch verachtet und ausgegrenzt, nur weil sie Juden sind.

Person 3: Aber ehrlich. Irgendwie ist das mit den Juden auch komisch. Schon ganz früher wurden sie verdächtigt und mit Misstrauen behandelt.

Person 2: Ja. Das ist wahr. Also irgendwas muss da ja dran sein.

Person 1: Genau. Und jetzt werden wir genauso behandelt.

Da mischen sich Person 4 und 5 ein.

Person 4: Entschuldigung, aber was redet ihr denn da?!

Person 5: Ihr könnt doch nicht Corona-Beschränkungen mit der Verfolgung und Entrechtung von Juden vergleichen.

Person 3: Warum denn nicht?! Wir werden auch ausgegrenzt und uns werden Beschränkungen aufgedrückt.

Person 4: Das stimmt und ich kann verstehen, dass euch das aufregt. Aber ein Vergleich mit der damaligen Situation ist trotzdem nicht okay.

Person 5: Damals sind Juden, und Leute, die dafür gehielten wurden, systematisch enteignet und entrechtet worden. Und anschließend wurden sie getötet, in einem großen Völkermord. Ihr wollt doch das nicht damit vergleichen?

Person 1: Ja, okay… Unsere Vergleiche sind etwas drastisch, aber anders hört ja keiner zu.

Person 2: Unsere Rechte werden eingeschränkt und wir sollen uns nicht wehren?! Das fühlt sich scheiße an.

Person 4: Und genauso blöd fühlt es sich an, wenn ihr solche Vergleiche zieht. Die Gewalt, die den Juden angetan wurde, hat bis heute Folgen… Und was glaubt ihr denn, wie wir uns fühlen, wenn wir sowas hier sehen und hören?

Die Demonstrierenden werden nachdenklich. Einige lassen ihre Plakate sinken.