Ein Tagebucheintrag einer 9. Klasse der Freien Schule Schwepnitz (Workshop am 10. Januar 2024)
Hinweis: Die folgenden Tagebucheinträge und Szenen basieren auf einem fiktiven Szenario. Die Schüler*innen hatten die Aufgabe, einen erfolgreichen Umgang mit einem möglichen antisemitischen Vorfall zu zeigen.
Liebes Tagebuch,
heute habe ich meinen Opa Heinrich dabei erwischt, wie er im Internet etwas Antisemitisches gepostet hat. Er hat auf Facebook „Ich hasse Juden“ geschrieben. Ich habe ihn direkt darauf angesprochen, und gesagt, dass man sowas nicht sagen darf. Da hat er das noch nicht wirklich eingesehen.
Ich habe ihn dann darauf hingewiesen, dass sein bester Freund Erwin ja auch Jude ist und sogar den Holocaust überlebt hat. Da ist er ins Nachdenken gekommen und hat am Ende sogar eingesehen, dass er sowas vielleicht wirklich nicht posten sollte. Für mich ist das ein Happy End gewesen, auch wenn er das Problem erst gesehen hat, als ich ihn auf Erwin hingewiesen habe.
Wie sich die Szene abgespielt hat…
Wir befinden uns in einem Wohnzimmer. Man sieht einen älteren Mann am Computer sitzen, der Facebook geöffnet hat. Er schreibt etwas in das Textfeld und schickt den Post ab.
Opa Heinrich: Ich hasse Juden… das tut richtig gut, das mal so auszusprechen, zum Glück gibt es das Internet, wo man mir zuhört..
Sein Enkel Jonas, der sich auch im Zimmer befindet, hat das mitbekommen, sich hinter seinen Opa gestellt und sieht nun mit Entsetzen, was dieser gepostet hat.
Jonas: Opa! Sowas kannst Du doch nicht schreiben. Du darfst nicht schreiben, dass du Juden hasst!
Opa Heinrich: Oh doch, das darf ich. Ich will die nicht im Land haben!
Irgendwo anders in der Stadt sieht ein Junge den Post.
Junge: Oh, Heinrich88 hat geschrieben, dass er Juden hasst! Das gefällt mir.
Er drückt den „Gefällt mir“ Button unter dem Post.
Zurück im Wohnzimmer bei Opa Heinrich und Jonas.
Jonas: Aber Opa, du weißt doch, was während des zweiten Weltkriegs passiert ist… 6 Millionen Juden wurden umgebracht!
Opa Heinrich: Das ist mir egal, ich will die immer noch nicht in diesem Land haben! Außerdem habe ich schon ein Herzchen für meinen Post bekommen, ich bin nicht der Einzige, der so denkt!
Seine Frau, Oma Gertrud, kommt ins Zimmer und bekommt das Gespräch zwischen den beiden mit.
Oma Gertrud: Heinrich, hast du wieder finstere Dinge im Internet gepostet? Das sollst Du doch nicht mehr machen… das regt dich auch viel zu sehr auf.
Jonas (ist etwas eingefallen): Opa, denk doch mal an deinen Freund Erwin! Der ist doch auch Jude und noch dazu hat er den Holocaust überlebt. Möchtest Du den auch nicht in diesem Land haben? Hättest Du lieber, dass er umgekommen wäre während des Zweiten Weltkriegs?
Opa Heinrich (nachdenklich und kleinlaut): Stimmt… Erwin ist da anders. Solche Juden mag ich wiederum…aber Du hast schon Recht.. Erwin würde das verletzen, wenn er wüsste, dass ich sowas gepostet habe…
Jonas: Siehst Du Opa, es gibt viele Menschen wie Erwin, die davon betroffen sind. Nur weil man im Internet seinen Gegenüber nicht sieht, heißt das nicht, das Menschen nicht auch persönlich betroffen sind.
Opa Heinrich ist nachdenklich geworden. Beim anschließenden Mittagessen reden die drei weiter über das Thema. Opa Heinrich scheint zur Einsicht gekommen zu sein.