Konfrontation vor einer Synagoge

Ein Tagebucheintrag einer 9. Klasse des Christlichen Gymnasiums „Rudolf Stempel“ in Riesa (Workshop am 11. Januar 2024)


Hinweis: Die folgenden Tagebucheinträge und Szenen basieren auf einem fiktiven Szenario. Die Schüler*innen hatten die Aufgabe, einen erfolgreichen Umgang mit einem möglichen antisemitischen Vorfall zu zeigen.


Liebes Tagebuch,

heute war ich mit meiner Schwester in der Synagoge. Als wir wieder rauskamen, gab es eine Demonstration direkt vor der Tür. Es waren offensichtlich Nazis, die uns mit den klassischen Stereotypen beleidigt haben. Zum Beispiel, dass wir Kindermörder wären, gierig und hinterhältig, das, was immer über uns gesagt wird. Und außerdem, dass es den Holocaust gar nicht geben würde.

Eine Person aus der Gruppe hatte uns direkt angesprochen, mit ihr konnten wir uns unterhalten. Wir haben ihr versucht zu erklären, dass nur, weil wir Juden sind, wir nicht schlechter sind als andere. Ich glaube, die Person ist etwas ins Nachdenken gekommen, aber traurig gemacht hat mich dieser Vorfall schon. Meine Schwester hat dann gedroht, die Polizei zu rufen und da sind die Nazis tatsächlich relativ schnell gegangen. Ich bin immer noch traurig.


Wie sich die Szene abgespielt hat…

 Handelnde Personen:  

  • Ilva und Lisa – jüdische Schwestern  
  • Mann – Demonstrant  
  • Gruppe von rechtsradikalen Demonstranten  

Vor einer Synagoge haben sich eine Gruppe von Leuten gekleidet, die Plakate hochalten, auf denen z. B. ein durchgestrichener Davidstern zu erkennen ist oder eine Krake mit einer Hakennase.

Es kommen einige Personen aus der Synagoge, darunter zwei Mädchen.

Demonstranten: Juden raus! Kindermörder! Gierige Schweine, ihr seid der Teufel! Wegen Euch ist die Situation in der Welt so schlecht, verschwindet!!

Einige der Personen, die aus der Synagoge kommen, versuchen, möglichst schnell zu gehen. Die beiden Mädchen jedoch bleiben stehen. Es sind Lisa und Ilva.

Ilva: Was soll denn das? Antisemitismus ist strafbar, warum beleidigt ihr uns? Wir haben Euch doch nichts getan!

Als Antwort erhält sie lautes Gegröle aus der Gruppe. Ein Mann jedoch löst sich am Rande aus der Menge und geht auf die beiden Mädchen zu.

Mann: Ihr glaubt doch nicht im Ernst, dass es den Holocaust gegeben hat? Das wäre eine organisatorische Meisterleistung gewesen.

Ilva: Das ist furchtbar, was sie da sagen. Holocaustleugnung ist strafbar, ich könnte die Polizei rufen! Wieso sagen sie sowas?

Mann: Ich finde einfach, ein großer Teil von Euch sieht auch einfach komisch aus.

Lisa: Nur, weil wir in Ihren Augen anders aussehen, heißt das doch nicht, dass wir schlechtere Menschen sind? Schauen Sie, wir waren hier einfach ein wenig in der Synagoge, haben sozusagen meditiert und damit niemanden was getan. Ihr aber seid laut und stört die Anwohner, noch dazu sind wir viel jünger als ihr. Wer redet denn so mit Kindern bzw. Jugendlichen?

Mann (nachdenklich): Mhm… ja okay, dieser Punkt stimmt schon irgendwie. Ich wollte sowieso gerade gehen, vielen Dank für das Gespräch!

Er entfernt sich. Ilva und Lisa schauen ihm kopfschüttelnd hinterher und gehen dann selbst weiter.