Dann setz dich gern zu mir!

Ein Tagebucheintrag einer 9. Klasse des Gymnasiums Burgstädt
(Workshop am 21. November 2023)


Hinweis: Die folgenden Tagebucheinträge und Szenen basieren auf einem fiktiven Szenario. Die Schüler*innen hatten die Aufgabe, einen erfolgreichen Umgang mit einem möglichen antisemitischen Vorfall zu zeigen.


Liebes Tagebuch,

heute wurde ich in der Bahn wegen meiner Religion beleidigt. Ich habe mich einem alten Mann gegenübergesetzt und er meinte zu mir, dass er wegen uns Juden arm sei. Das hat mich sehr verletzt, ja wütend gemacht.

Erst wollte ich einfach aufstehen und gehen. Aber ein anderer Fahrgast meinte, ich dürfe mich zu ihm setzen. Da war ich echt froh. Leider hatte ich nicht den Mut und die Entschlossenheit, den alten Mann zur Rede zu stellen. Ich nehme mir vor, dass ich mich beim nächsten Mal dagegen wehren werde.


Wie sich die Szene abgespielt hat…

 Handelnde Personen:  

  • Dieter – Opa  
  • Tom – Jude  
  • Lukas – Buspassagier  

Ein Linienbus fährt über eine leere Landstraße. Drinnen sitzen einige Passagiere. An der nächsten Haltestelle steigt Tom dazu und setzt sich nichtsahnend einem älteren Mann gegenüber. Dieser schaut grimmig und fängt leise an zu nuscheln. Nach einigen Sätzen wird seine Sprache deutlicher und er wendet sich direkt an Tom.

Dieter (anklagend): Wegen euch habe ich kein Geld. Wegen euch lebe ich am Existenzminimum, weil ihr das Geld hortet und den anderen gar nichts abgebt. Außerdem bin ich stark christlich und die Tora ist einfach nur eine schlechte Kopie der Bibel. Kannst du dich bitte wegsetzen. Mein Herz hält das nicht aus.

Tom schaut überrascht auf. Er ist gekränkt und steht auf. Ein anderer Passagier dreht sich um und spricht Tom an.

Lukas: Willst du dich zu mir setzen?

Dieter (schaut Lukas finster an): Pass auf, der zieht dir noch das letzte Geld aus der Tasche.

Tom setzt sich zu Lukas und ist sichtlich verwirrt.

Lukas (zu Tom): Du musst dich doch wehren. Solche Menschen müssen doch verstehen, dass sie nicht mehr in der alten Zeit leben und die neue Zeit akzeptieren müssen.

Tom (verunsichert): Das ist das erste Mal, dass mir sowas passiert ist.

Lukas: Du solltest nicht auf Grund deiner Religion verurteilt werden. Das finde ich nicht gut.

Tom: Du hast recht. Beim nächsten Mal sag ich was. Schönen Tag noch!

Lukas (nachdenklich): Auf Wiedersehen!

Der Bus erreicht die Endhaltestelle. Tom steigt aus. Dieter und Lukas folgen ihm auf die Straße. Dieter hält Lukas am Arm.

Lukas (zuckt zurück): Sie schon wieder…

Dieter (zu Lukas): Haben Sie denn Ihr Geld noch?

Lukas: Ja natürlich, warum denn nicht? Lassen Sie mich in Ruhe. Für Menschen wie Sie kann man sich nur schämen!

Er schaut Dieter erst eindringlich an. Dann schüttelt er den Kopf und wendet sich ab. Dieter schaut verdutzt und bleibt allein an der Bushaltestelle zurück.

Redaktion: LK.